Monika Kirschner-Ludwig: Abschieds- und Dankesrede anlässlich der Wahl zur Ehrenvorsitzenden

Jahreshauptversammlung der Initiative Soonwald e. V.

in Spall am 2. Februar 2024

Ich danke der Versammlung für diese einhellige Würdigung. In einem solchen Moment fluten einen die Gefühle und Erinnerungen an immerhin 30 Jahre aktives Ehrenamt für unseren Heimatwald. Es war mir immer wichtig und meist ganz oben auf meiner „To Do“-Liste. Ich glaube, es ist kaum nicht ein Tag vergangen, an dem nicht in irgendeiner Weise über den Soonwald nachgedacht habe. Doch damit sehe ich nicht allein.

Ich danke dem aktuellen Vorstand und allen Vorgänger-Vorständen von Herzen für ihre aufopferungsvolle und wahrlich nicht immer leichte Arbeit der letzten dreißig Jahre.

In diesen drei Jahrzehnten habe ich durch meine vielfältigen Aktivitäten fantastische Menschen kennengelernt. Manche von ihnen darf ich heute Freunde nennen. Das Leben im Soonwald hat mich nicht nur in diesem Punkte bereichert. Durch das Engagement für die Initiative Soonwald bin ich in meine Wahlheimat hineingewachsen, tiefer als das mit einem bloßen Ortswechsel gelungen wäre. Der Einsatz für die Region war mit einer gehörigen Portion Arbeit verbunden, vielfach mit mehr als für mich gut war – es gab ja auch noch meine Arbeit als Filmemacherin. Es gab auch schmerzhafte Erfahrungen und menschliche Enttäuschungen, aber letztlich überwiegend die ermutigenden Erlebnisse bei Weitem.

Wir im Vorstand haben uns all die Jahre mit Sachkenntnis und viel Herz für unseren – immer noch – unterschätzten Heimatwald eingesetzt. Von Anfang an war es uns wichtig, FÜR etwas einzustehen. Wir sind damals bei unserer Gründung nicht angetreten, um gegen etwas zu sein. Leider haben die Realitäten diesen Vorsatz wiederholt schwierig gemacht.

Für die, die noch nicht so lange dabei sind: es ging los mit den geplanten Plutoniumtransporten vom Flughafen Pferdsfeld, der geplanten Mülldeponie und dem absurden Projekt „ProWelt“. Dagegen, und anderes mehr, mussten wir uns wehren und haben – mit anderen gemeinsam – glücklicherweise manches verhindern können. Im Rückblick sieht es für mich sogar so aus, als wenn wir früher mehr für die Natur und den Wald erreichen konnten als heute. Die Welt ist eine andere geworden und das Primat der wirtschaftlichen Interessen schlägt überall durch. Doch es gibt keine Alternative zum Optimismus und so machen wir weiter, auch wenn ich mich aus der aktiven Vorstandsarbeit zurückziehe. Doch wenn meine Hilfe und mein Rat gefragt ist, bin ich selbstverständlich da. Diejenigen, die mich kennen, können sich das eh nicht anders vorstellen.

Mit viel Gemeinschaftssinn und Lebensfreude sind wir gewandert, haben gemeinsam am Feuer, professionelle Themen-Konferenzen durchgeführt, den Aufbau des Regionalbündnisses mit Regionalmarke und Beziehungskiste mitgestaltet, uns für den Naturpark, den Nationalpark, für die Kirche Eckweiler, den Soonwaldsteig eingesetzt, die monatlichen Stammtische durchgeführt und den Soonwaldbus auf den Weg gebracht, um nur einiges zu nennen.

Der Ausbau der Windenergie in unserer Region wurde zur schmerzhaften Zerreißprobe. Glücklicherweise war Hansjochen Staege, Forstamtsleiter a.D., zur Anfangszeit dieser Herausforderung ein kompetenter und verständnisvoller Vorsitzender. In seinem Hause genossen wir die vortreffliche Gastfreundschaft des Ehepaars Christel und Hansjochen Staege. Nicht nur dort, später auch bei unserem Vorsitzenden Georg Kiltz und anderen, diskutierten wir unsere Standpunkte und in diesem Rahmen erarbeiteten wir unsere gemeinsame Position. Dabei legten wir Wert auf faktenbasiertes Wissen, Erfahrung und vor allem auch auf regionale Interessen. Da war und ist kein Platz für Ideologien. Natürlich stand auch damals schon die die Klimakrise im Fokus, aber auch das mindestens ebenso dramatische Artensterben. Uns war immer klar, gerade für Buchenwälder trägt Deutschland eine internationale Verantwortung, denn hier findet sich findet sich ein hoher Anteil der Weltpopulation dieser bedrohten Waldform. Buchenwälder sind daher ganz offiziell eine „Art nationaler Verantwortlichkeit“ für den Artenschutz. Für die Wissenschaft ist klar, dass sich das nicht mit industriellem Trassen- und Anlagenbau verträgt. Und genauso ist für Wissenschaftler klar, dass der Verlust der Biodiversität eine mindestens so heftige Menschheits-Krise darstellt wie die Klimakrise.

Wir waren und sind für einen maßvollen Ausbau der Windkraft unter Berücksichtigung der Stärken der Region. Es gibt genügend geeignete Standorte. Leider hat sich die Politik in unserem Bundesland für einen anderen Weg entschieden, der zu Maßlosigkeit und Zersiedelung führt. Unser damaliger Vorsitzender hat damals sogar selbst geeignete Standorte vorgeschlagen. Ich selbst habe zur Windkraft, Ende des letzten Jahrtausends, gemeinsam mit Dr. Franz Alt, die ersten informierenden Dokumentationen für die ARD gemacht. Nach allem, was wir heute unverlässlich wissen, sind wir, können wir verantwortlich nur gegen Windräder im Wald, vor allem im Soonwald, für den wir uns satzungsgemäß mitverantwortlich fühlen. Mit dieser differenzierten Position waren wir – für die einen zu wenig, die anderen zu viel – gegen Windräder. Eine Tatsache, die für mich eindeutig für uns spricht.

 

Doch genug von diesem Schmerzensthema!

Stolz bin ich auf unsere Alleinstellungsmerkmale und Prinzipien, die uns über die Jahre das Vertrauen der Menschen in der Region eingebracht haben. Wir sind parteilich und finanziell konsequent unabhängig, eben eine echte NGO-Gruppe, das heißt eine Nicht-Regierungs-Organisation. Wir leben im Vorstand und im Verein selbstverständlich demokratische Strukturen. Auf unseren, für jeden offenen Stammtischen, diskutieren wir gemeinsam und ohne Tabus. Wir plädieren für eine Regionalentwicklung aus eigener Kraft, denn nach unserer Einschätzung ist alles da, was wir für eine gute Zukunft brauchen. Das ewige Schielen nach dem nächsten Großinvestor von außen halten wir für einen Irrweg.

Alles, was wir wissen müssen, sagt uns unsere Vergangenheit: „Wir stehen auf den Schultern unserer Vorfahren“, was nicht heißt, dass wir aus lauter Ehrfurcht vor der Tradition nichts mehr verändern dürfen. Im Gegenteil. „Wir stehen auf den Schultern unserer Vorfahren“ bedeutet, dass wir weitersehen können als sie. Aber wir müssen diese Position auch nutzen!

Ihr erlaubt mir ein kurzes Beispiel zu diesem Gedanken:

Ende des 19. Jahrhunderts entstanden in Deutschland die ersten Wandervereine. Gerade hier bei uns, war man ganz früh dabei! Schon 1890 wurde in Morbach der Verein für Mosel, Hochwald und Hunsrück „MoHoHu“ gegründet, der Vorgängerverein des heutigen Hunsrückvereins.

Gleichzeitig, auch 1890, gründete Ernst Vogler, ein Weinhändler aus Monzingen, den „Luftkurort Waldfriede“ in einem Waldstück bei Seesbach und nur ein Jahr später 1891 startete der sogenannte „Soonwald-Club“. Diese Gleichzeitigkeiten sind kein Zufall. Es war eine Zeit einer bewussten Hinwendung zur Natur und der Kritik des Bildungsbürgertums am ungesunden städtischen Leben.

Dieser „Soonwald-Club“ war ein bemerkenswert agiler und selbstbewusster Verein, der innerhalb kürzester Zeit Wandergruppen aus ganz Deutschland in den Soonwald holte. Daher musste eine eindrucksvolle Attraktion her! Und das war damals ein Turm mit einem Blick „ins Reich“. Und so sammelte der „Soonwald-Club“ bei Konzerten und reichen Lederfabrikanten aus Kirn für den Bau eines massiven Aussichtsturmes auf den Höhen der Alteburg. Nur ein Jahr später, im September 1892, konnte man die Grundsteinlegung feiern und schon im September 1893 wurde der Turm auf der Alteburg eingeweiht. Das war der fulminante Anfang des Soonwaldtourismus und der „Soonwaldclub“ kann mit Fug und Recht als Vorgängerverein der Initiative Soonwald gelten.

Und – manche haben es vielleicht schon gemerkt – fast genau hundert Jahre später gründeten wir die Initiative Soonwald in Seesbach – mit dem Bürgermeister von Seesbach und zwei Gründungsmitgliedern aus Waldfriede. Auch in den Themen der beiden Vereine zeigen sich überraschende Parallelen: War es 1890 der Zeitgeist der Lebensreformbewegung mit ihrer Werbung für eine naturnahe Lebensweise mit Licht- und Luftbädern im Wald, so ähnelt das durchaus den Überzeugungen der Initiative Soonwald über 100 Jahre später, die sich seit Jahren für eine Gesundheitsregion und ein Biosphärenreservat Soonwald, Hunsrück, Nahe einsetzt, denn so werden wir von außen wahrgenommen: als eine lebens- und liebenswerte Region mit einem außerordentlichen Wald als Herzstück.

Kann man daraus was lernen? Ich denke schon.

Wichtig ist für mich das aktive Tun, der Optimismus. Gerade in unseren Zeiten gibt es zum Optimismus keine Alternative. Gerade in Krisenzeiten müssen wir nahe bei den Sorgen der Menschen der Region bleiben und unsere Aktivitäten auf das Gelungene und Gelingende richten.

Spall, den 2. Februar 2024

Monika Kirschner-Ludwig