Die Geologie des Soonwaldes

Die Geologie des Soonwaldes und seines südlichen Vorlandes

Karin Ochel-Spieß, Geologin

Mit ihrer stolzen Höhe von durchschnittlich 600 m ü. NN ragen Soon und Lützelsoon als Härtlinge weithin sichtbar aus ihren umgebenden Landschaften heraus. Richtung Norden gehen sie nach kurzer Geländestufe in die flachwellige Schieferlandschaft über, die sich mit ihrem sanften Relief zwischen 350 und 450 Höhenmetern bewegt. Unterbrochen durch die Weltkulturerbelandschaft des Mittelrheintales findet der Soonwald nach Osten im Taunus seine Fortsetzung. Zum Rheintal neigt er sich in steilen Kerbtälern, deren charaktervollste Partien sogar den deutschen Alpenverein in ihren Bann zogen. Einen ähnlich starken Reliefsprung von bis zu ca. 500 Höhenmetern macht der Soonwald Richtung Süden. Auf kurzer Strecke vollzieht sich der Wandel aus einer Berglandschaft in die flachwellige Ebene der Saar-Nahe-Senke und des Mainzer-Beckens. Nord-Süd verlaufende Kerbtäler durchschneiden den Soonwald und tragen zu seinem vielgliedrigen Relief bei. Dieses verleiht ihm sein differenziertes Klima, welches die Ausprägungen der Jahreszeiten so deutlich werden lässt. Die sanften Hügel seiner südlichen Vorländer, der Rotliegend-Land schaft der Saar-Nahe-Senke und des Tertiärhügellandes des Mainzer-Beckens, grenzen mit Höhen zwischen 200 und 100 m ü. NN an den Fuß des Soonwaldes. Ihr ausgeglichenes Relief findet im westlichen Bereich immer wieder Abwechslung durch markant steile Bergkuppen vulkanischen Ursprungs. Sie schenken dem Nahebergland mit dem „Roter Fels“ die höchste senkrecht abfallende Felswand nördlich der Alpen.

Der Soonwald ist kein sanftes Mittelgebirge. Die Schönheit seiner schroffen Felsdurchragungen offenbart sich in den Gipfelpartien, aber auch in den Taleinschnitten, die das Gebirge queren. Die steilen Talflanken spiegeln in vielen Felspartien die Vielgestaltigkeit der geologischen Schichten und den komplizierten Gebirgsaufbau wieder. Eine aufmerksame Wanderung durch die Täler zeigt, dass die langgestreckten Bergkuppen aus dem härteren Quarzit aufgebaut sind und die dazwischen liegenden Muldenbereiche aus Schiefer bestehen. Beide Gesteine reagierten unterschiedlich stark auf die Jahrmillionen von Verwitterung, denen der Soonwald schon trotzt und prägten so sein heutiges Relief.

Entstanden sind Quarzit und Schiefer vor 400 Millionen Jahren als Meeresböden. Damals, zur Zeit des Erdaltertums (Paläozoikum), war der Bereich des heutigen Rheinischen Schiefergebirges eine Meeresstraße zwischen einer großen Insel im Süden und einem Festland, dem „Old Red Kontinent“, im Norden. Sie hatte ihre Position auf der südlichen Erdhalbkugel nahe des Äquators, daher tummelte sich auf ihrem Meeresgrund eine reiche tropische Tierwelt, deren z. T. exzellent erhaltene Fossilien, speziell in manchen Schieferhorizonten, noch heute die Betrachter in ihren Bann ziehen. Im Laufe vieler Jahrmillionen sammelte dieses Meeresbecken große Mengen an Sand und Tonfracht. In Abhängigkeit von der lokalen Wasserturbulenz sammelten sich in den wellenbewegten Flachwasserbereichen mehr sandige und in strömungsarmen tieferen Meeresbecken mehr tonige Böden. Mit dem Verlanden dieser Meeresstraße fielen die Schichten trocken und wurden zunächst zu Sand- und Tonsteinen.

Unermeßliche Kräfte der Kontinentaldrift schoben den Bereich später auf etwa die Hälfte der ehemaligen Meeresfläche zusammen und falteten dabei die angesammelten Schichten zu einem schroffen Gebirge auf. Dabei verdichteten die Sandsteine zu Quarziten und die Tonsteine zu Tonschiefern. Der Gebirgsbau des Soonwaldes spiegelt die intensiven Faltungsschübe von Süden wider und präsentiert sich in Form steil stehender, z. T. überkippter Gesteinsfalten. Diese Faltungsphänomene lassen sich in manchen Gesteinsaufbrüchen besonders im Firstbereich der Kämme erleben.

Mit der Auffaltung des Gebirges wich das Meer zurück. Im gleichen Zuge verwandelte sich das vormals inselartige südliche Vorland des Meeres in eine Senkenlandschaft, deren Verlauf sich viel später der Fluß Nahe zu Nutze machte. Zunehmend trockene Klimabedingungen formten sie zu einer von Dinosauriern belebten Wüstenlandschaft. Heftige vulkanische Ereignisse gaben ihr zusätzlich ein lebensfeindliches Gepräge. Aus tiefreichenden Spalten in der Erdkruste drangen glutheiße Gesteinschmelzen auf und verbreiteten sich wiederholte Male als riesige Lavadecken über die Landschaft. Diese vulkanischen Prozesse brachten aber auch die Kostbarkeiten von Halbedelsteinen, welche die obere Nahe-Region so berühmt machen. Während dieser Zeit schritt im benachbarten Soonwaldgebirge die Ge steinsverwitterung mächtig voran und schwemmte bei Unwettern große Gesteinsschuttmassen  in die südliche Senkenlandschaft.

In den folgenden geologischen Epochen, als Europa in großen Bereichen überflutet war, blieb der Soonwald / Nahe-Bereich von großen Veränderungen verschont und bildete ein Festland unter teils subtropischen bis tropischen Klimabedingungen.

Erst in der Erdneuzeit drangen die Meeresfluten erneut von Süden kommend bis in die durch Verwitterung und Erosion schon stark eingeebneten Hunsrückhöhen vor. An den tropischen Küsten tummelte sich eine reiche Tier- und Pflanzenwelt, wie die Funde von fossilen Haifischzähnen und ganzen Seekuhskeletten im Bereich der heutigen Nahe dokumentieren. Aber auch in den Hunsrück kehrte das Meeresrauschen für kurze Zeit zurück und brachte Kiese, Sande und Tone zur Ablagerung. Im gleichen Zuge kam es zur Bildung der Soonwalderze.

In der Folgezeit, vor 2,3 Millionen Jahren, erfuhr das Klima weltweit eine Abkühlung. Die Polkappen wuchsen und der Meeresspiegel sank so stark, dass auch große Teile unserer heutigen Nordsee trocken fielen. Die Epoche der Eiszeiten begann und verwandelte den Soonwald/Nahe-Bereich in eine subarktische Tundren-Landschaft mit Dauerfrostböden.

Europaweit einsetzende Erdplattenbewegungen, die andernorts zu vulkanischen Katastrophen führten, reaktivierten im Soonwald/Nahe-Bereich eine alte tiefreichende Nahtstelle in der Erdkruste: die Hunsrück-Südrand-Störung. Sie war die Gleitbahn an der das bereits stark erodierte Gebirge, sicher unter heftigen Erdbeben, schollenartig aus seiner Umgebung gehoben wurde. Die erhöhte Reliefenergie zu den umgebenden Flusstälern von Nahe, Mosel und Rhein verlieh den Bächen einschneidende Erosionskräfte.

Weitere Jahrtausende der Verwitterung und der Erosion und schufen das heutige Landschaftsbild des Soonwaldes. In dieser Zeit tauchte eine weitere landschaftsgestaltende Kraft, die Menschheit, auf und verwandelte in zunächst langsamen aber dann dynamischen Schritten die Natur- oder auch Urlandschaft in unsere heutige Kulturlandschaft.

Im Laufe seiner Erdgeschichte durchlief der Soonwald-Nahe-Bereich verschiedenste Landschaftsformen und beherbergte unterschiedlichste Lebensgemeinschaften. Deren Lebensbilder lassen sich in den Aufschlüssen des Soonwald/Nahe-Bereiches nachzeichnen und ermöglichen, umgeben vom Farbspiel der Gesteine, z. B. wunderschön warmer Ockertöne der tertiären Meeressande, in frühere Landschaften einzutauchen. Die dort ruhenden Schätze versteinerter Meerestiere und tropischer Pflanzen erlauben aktive Zeitreisen in Millionen von Jahren. Aber besonders auch die Gipfelpartien der Quarzitrücken enthalten viele beobachtbare Informationen über kurze Events in diesen Jahrmillionen der Erdentwicklung. Da gibt es schmale Sandbändchen in siltigen Tonschiefern zu beobachten, die einen Sturm während der sonstigen ruhigen Ablagerungsphase dokumentieren. Man kann auf den Schichtflächen der gefalteten Meeresböden balancieren und erfahren, wie viel Kraft und Dynamik in unserem Planeten steckt, der in der Lage ist, selbst feste, zehnerkilometer dicke Gesteinspakete zu falten, als seien sie aus Knetgummi.  Es ist unmöglich all diese geologischen Phänomene des Soonwaldes und seines südlichen Vorlandes auf wenigen Seiten zu schildern: Ablagerungsgeschichte und die Lebewelt; Auffaltung und Vulkanismus; Verwitterung und Soonwald-Erze. Dies ist nur ein Überblick über die Landschaftsentwicklung und Klimageschichte des Soonwaldes im Laufe von 400 Millionen Jahren.

Karin Ochel-Spies
Im Mühlenberg 2
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