Offener Brief an die Bewohner*innen der Soonwald-Nahe-Region

Sehr geehrte Bewohner und Bewohnerinnen der Soonwald-Nahe-Region, sehr geehrte Gemeinderatsmitglieder,

es wird Sie überraschen, von uns persönlich angesprochen zu werden. Aber wir finden, besondere Situationen erfordern ein besonderes Handeln. Daher haben wir uns entschlossen, Sie in unsere Sorgen einzuweihen und Sie mit unseren Überlegungen direkt anzusprechen.

Die Landesregierung hat entschieden, keine eigene landesweite Planung für die möglichen Standorte von Windkraftanlagen und Windparks zu machen, sondern den Gemeinderäten vor Ort die Entscheidung in die Hand zu geben. Sie hat damit der untersten kommunalen Ebene, den Gemeinden, die Chance gegeben, ihren Handlungsspielraum zu vergrößern. Wir verstehen gut, dass die Gemeinden diese Möglichkeit auch ergreifen. Es sieht im Moment so aus, dass sich die meisten Gemeinden vor dem Hintergrund der aktuellen Krisen und neuen Gesetzeslage ähnlich entscheiden werden und Windkraftanlagen z.T. auch über das geforderte Maß hinaus planen. Seit Wochen können wir diesen Domino-Effekt beobachten.

Wir von der Initiative Soonwald e.V. versuchen seit langem, diese sich anbahnende Veränderung unserer Landschaft insgesamt ins Auge zu fassen und unabhängig zu dokumentieren. Dazu haben wir uns allseitig informiert und Grafiken erstellt, um uns einen Überblick über die Gesamtwirkung auf unsere Landschaft zu verschaffen. Wir haben uns damit an die Verbandsbürgermeister und die Presse gewandt und eine Petition auf unserer website: www.soonwald.de geschaltet. Sie ist inzwischen von etwa 1700 Menschen unterschrieben worden.

Unsere eigene Geschichte hat uns gelehrt, dass wir in existenziellen Krisen lieber zweimal nachdenken sollten, bevor wir folgenschwere Entscheidungen für unsere Heimat treffen. Der Umfang der Windkraftpläne im Landkreis Bad Kreuznach sind eine solche folgenschwere Wahl. Sie werden Sinn, Nutzen und Anblick unserer Landschaft umkrempeln. Die Veränderung wird so weitreichend sein, dass wir sie uns zurzeit nur schwer vorstellen können. Eine ähnliche Entwicklung findet seit Jahren im nahen Rhein-Hunsrück-Kreis statt. In der Region um Simmern kann man sich ein Bild davon machen, wie sich eine Region verändert.

Unsere Landschaft ist mit dem Rhein-Hunsrück-Kreis allerdings nur bedingt vergleichbar. Wir haben durch jahrzehntelange Bemühungen eine entwickelte Wein- und eine hoch attraktive Qualitäts-Tourismusregion auf die Beine gestellt. Unsere Ressource für die Zukunft liegt ergänzend dazu in der Gesundheitswirtschaft, einer der größten Wachstumsmärkte der Zukunft. Beides ist unserer Einschätzung nach nur schwer mit einer dominanten Industrialisierung durch Windkraftanlagen der neuen Generation (von z.T. 300 Metern Höhe) zu vereinbaren. Windkraftindustrieanlegen im Soonwald sind für uns – allein wegen seiner Schwammfunktion im Wasserhaushalt – ein Tabu. Der Schwerpunkt, den wir heute setzen, wird darüber entscheiden, in welcher Landschaft unsere Kinder aufwachsen werden und ihre Arbeitsplätze finden.

Aber es gibt auch gute Nachrichten. Es gibt ausreichend Möglichkeiten uns für die Energiewende effektiv zu engagieren. Die Windkraft ist dabei ein wichtiger Faktor, aber sie steht nicht allein. Der Königsweg heißt sofortiges Energiesparen in allen Bereichen. Das ist schnell umsetzbar und wirkt sofort. Darüber hinaus brauchen wir dringend eine zügige „Grüne Transformation“, die auf Vielfalt setzt; auf einen Energie-Mix.

Heute haben wir die Wahl, mit welchem Profil sich unsere Region für die Zukunft aufstellen wird. Schon jetzt differenzieren sich die deutschen Regionen nach ihren Potentialen. Energielandschaften, Qualitätstourismus-Landschaften und Gesundheitsregionen sind Optionen, die einander nahezu ausschließen. Der Rhein-Hunsrück-Kreis hat seine Entscheidung getroffen. Auf unsere Wahl haben wir noch Einfluss.

Wir müssen bei schwerwiegenden Zukunftsentscheidungen regional zusammenstehen, gemeinsam an einem Strang ziehen und gleichzeitig die Welt im Blick halten. Daher plädieren wir erneut für Augenmaß, Gelassenheit und mehr Selbstbewusstsein. Ein Selbstbewusstsein, dass uns erkennen lässt, dass die eigene Region, ihr unverwechselbarer Charakter und die Tradition des heimatlichen Gebietes eine erfolgreiche Alleinstellung garantiert, die wir uns nicht nehmen lassen dürfen.

Der Vorstand

Georg Kiltz, Gutenberg, 1. Vorsitzender

Beachten Sie bitte auch immer: www.soonwald.de