Nachhaltigskeitskonzeption für den Soonwald

Champion der Nachhaltigkeit: der Wald

Im Duell der Worte ist „Nachhaltigkeit“ eindeutig der Favorit. Kaum eine Rede oder Artikel ohne dieses Modewort. Auf seine inflationäre Verwendung reagieren immer mehr Menschen genervt. Das ist verständlich, denn „Nachhaltigkeit“ ist wirklich kein schöner Ausdruck, sondern mehr eine dehnbare Worthülse; ein Gummiwort.

Die deutsche Sprache hat weit schönere Begriffe zu bieten: wie „Vorsorge“, „Bewahren“ oder auch „Erneuerung“. Aber ausgerechnet der sperrige Begriff der „Nachhaltigkeit“ hat Karriere gemacht. Da lohnt es sich, mal genauer nachzuforschen, was dahintersteckt.

 

Ein gewitzter Forstmann: Hans Carl von Carlowitz

Interessanterweise war es ein Forstmann, der schon vor ziemlich genau 300 Jahren den Begriff der Nachhaltigkeit das erste Mal verwendete. Es war 1713, als der Förster Hans Carl von Carlowitz in seiner Schrift „silvicultura oeconomica“ das Wort „Nachhaltigkeit“ verwendete. Als Oberberghauptmann des Erzgebirges war er dafür zuständig, dass immer genügend Holz für den wichtigen Bergbau und das Hüttenwesen da war. Doch die Wälder zu Beginn des 18. Jahrhunderts waren komplett abgeholzt, für Holzkohle, aber auch für Haus-und Schiffbau. Eine andere Forstwirtschaft musste her, welche immer kräftige Bäume bereithält. Der Gedanke der Nachhaltigkeit war geboren. Auch der Soonwald war im 18. und 19. Jahrhundert mehr ein Industriegebiet als ein Wald. Wie im Erzgebirge gab es zahlreiche Hüttenbetriebe und der Wald wurde auch bei uns rücksichtslos ausgebeutet. Angesichts der dramatischen Notlage änderten Mitte des 19. Jahrhunderts auch die Förster im Soonwald ihre Wald-Politik. Forstmeister Georg Anton Strasser mit Dienstsitz in Simmern (von 1764 – 1784) und der, 1749 in Hergenfeld im Soonwald geborene Forstkommissar Johann Peter Kling brachten in unserer Heimat die „nachhaltige“ Wende: kein Einschlag mehr ohne Wiederanpflanzung. So lautet bis heute das Prinzip der Forstwirtschaft. Johann Peter Kling richtete außerdem den sogenannten „Märkereiwald“ ein. Das ist ein Wald im Gemeinschaftsbesitz der Gemeinde, dessen Nutzung und Pflege den „Märkern“ oblag. Das sind bis heute Eigentümer bestimmter damals festgelegter Herdstellen, zum Beispiel in der Gemeinde Tiefenbach.

Soonwald in Not

Man muss kein großer Kenner des Waldes sein, um zu sehen, wie unser Wald dürstet; wie schlecht es ihm geht. Flachwurzler, wie die meisten Nadelbäume, sind die ersten, denen bei Trockenheit der Nachschub von Feuchtigkeit ausgeht. Sie können kein Harz mehr bilden und sind dem Borkenkäfer daher schutzlos ausgeliefert. Die Fichten sterben so zuerst und erschrecken uns inzwischen als graue Gerippe am Waldrand. Sind das die warnenden Vorboten einer sich anbahnenden Katastrophe?

Bäume sterben leise und aufrecht. Sie fallen nicht sofort um, aber wenn man eine Taube in der Krone einer alten Buche erkennen kann, dann ist das schon ein ernstes Alarmsignal dafür dass inzwischen sich auch alte Buchen im Todeskampf befinden. Das grüne Dach ist licht geworden, der Baum stirbt von oben nach unten. Seit 2003 erleben wir die Hitzesommer in immer kürzeren Abständen. Die Blätter der Laubbäume haben sich dieses Jahr teilweise sogar schon im Juli in allen Braun-Schattierungen verfärbt. Nach den Monaten ohne Regen ziehen die Bäume die Notbremse und beenden die Wasserverdunstung durch die Blätter. Die Blätter vertrocknen. Von den Kronen abwärts fallen sie auf den Boden. Sie knistern unter unseren Schritten und zerbröseln wie mürbe Kekse. Bäume kennen viele Schutzmechanismen. Aber auch sie haben einen Kipp-Punkt, an dem sie sich selbst nicht mehr retten können. Nach den Trockensommern 2019, 2020 und diesem extremen Jahr müssen wir uns ernsthaft überlegen, wie wir unseren Wald, den Soonwald zukunftsfest machen. Was können wir tun?

Strategie Nummer 1

Die Natur kennt keine Probleme, nur Lösungen.“

Carl Amery

Die Lehren des Waldkindergartens

Die Initiative Soonwald e.V. verfolgt in dieser ernsten Situation zwei konkrete Vorgehensweisen. Einmal gehen wir davon aus, dass die Natur selbst die klügsten Tricks und besten Anpassungsstrategien für die Zeiten des Klimawandels kennt. Wir müssen nur genau hinschauen und daraus unsere Lehren ziehen. Das machen wir in enger Kooperation mit dem Forstamt Soonwald bereits seit mehreren Jahren. Um von der Natur zu lernen, zäunen wir durch Sturm oder Käferbefall entstandene Kahlflächen im Soonwald ein und pflanzen innerhalb von Schutzgattern einheimische Baumsetzlinge, von denen wir vermuten, dass sie besonders gut mit Hitze und Trockenheit klarkommen. Das sind unter anderem zum Beispiel: Eichen, Winterlinden, Esskastanien, Baumhasel, Spitzahorn, Vogelbeere und Weißtannen. Vor allem mit der Weißtanne hat der Revierförster Klaus Kaiser schon gute Erfahrungen gesammelt, denn Weißtannen bilden Pfahlwurzeln aus, die weit besser wasserführende Schichten erreichen als Flachwurzler wie die Fichte. Den Rest der Fläche überlassen wir der natürlichen Entwicklung. Exotische Baumarten gehören nicht zu unserer Versuchsanordnung. Regelmäßig besuchen wir unsere Baumkindergärten und schauen genau nach, wie es „den Kleinen“ geht. Erstaunlicherweise sind – trotz des extremen Trockensommers 2022 – fast alle Setzlinge gut angewachsen. Die Pflege dieser Baumkindergärten ist für uns eine große Freude und schon Routine geworden. Dabei werden die kleinen Pflänzchen für einen guten Start ins Leben immer wieder von wuchernden Beikräutern freigeschnitten. Unsere Versuchsflächen finden sich im Forstrevier Alteburg und im „Märkereiwald“ in Tiefenbach. Hier schließt sich der Kreis zu den Ideen des visionären Forstmann Johann Peter Kling von vor fast drei Jahrhunderten. Unsere Partnerschaftsflächen im Soonwald werden uns schon bald einiges darüber verraten, welche Baumarten für einen zukunftsfesten Waldumbau am besten geeignet sind, denn es ist erwiesen, dass ein vielfältiger Wald am besten vor Klimaschwankungen schützt und auch selbst so am besten geschützt ist.

Strategie Nummer 2

Der Soonwald: ein nasser Schwamm fürs Überleben

Unsere zweite Strategie ist nicht weniger ehrgeizig. Wiederum in enger Kooperation mit dem Forstamt Soonwald und seinem Leiter Bernhard Frauenberger kümmern wir uns um den Wasserhaushalt im Soonwald. Schon vor genau 20 Jahren, 2002 widmeten wir uns dem Thema auf unserer großen Wasserkonferenz in Simmern. Seitdem ist viel Zeit vergangen und die Sorgen sind eher größer geworden. Wie damals ist es unser Ziel, das Wasser im Soonwald zu halten. Das bedeutet ein Umdenken gegenüber früheren Generationen, die für ihre Fichtenmonokulturen den Wald mit Kanälen und Gräben entwässert haben. Heute wünschen wir uns den Wald als großen feuchten Schwamm, der das wertvolle Nass festhalten und vor Verdunstung schützen kann. Das ist in Zeiten großer Wassernot und dem Absinken des Grundwasserspiegels höchstes Gebot. Damit unser Wald seine Aufgabe als Wasserspeicher auch erfüllen kann, müssen wir ihn unterstützen. Dazu sollten Wälder mehrheitlich aus heimischen Laubbaumarten bestehen. Ihr dichtes Kronendach reduziert die Sonneneinstrahlung und senkt die Verdunstung. Da Laubbäume fast die Hälfte des Jahres keine Blätter tragen und darüber kein Wasser verdunsten, zehren sie – anders als Nadelbäume – im Winter weniger am Grundwasser. Besonders wichtig aber ist es, den Fluss des Regenwassers im Wald zu verlangsamen. Dazu müssen alte Gräben und Abflüsse wieder rückgebaut, bzw. verschlossen werden. Das bedeutet sehr viel harte Arbeit, denn der Soonwald ist voller solcher alter Wasserkanäle. Auch dazu dienen unsere Arbeitseinsätze und wir können dazu noch jede Menge Unterstützung brauchen! (siehe auch: www.soonwald.de) Eine andere wirksame Maßnahme ist weniger für ehrenamtliche Einsätze geeignet. Mit großem Gerät werden Mulden ausgebaggert. Diese sogenannten „Grabentaschen“ binden das Regenwasser im Wald und bieten außerdem Laichplätze für gefährdete Amphibien. Durch diese Maßnahmen wird der Wald wieder zu einem nassen Schwamm werden, der Regenwasser großflächig aufnimmt und den Grundwasserspiegel wieder anhebt. Es ist klar, dass in dieser Situation jede Form der Versiegelung des Waldbodens aufgelöst und vermieden werden muss. Großflächiger Asphalt-Wegebau und gigantische Beton-Fundamente für Windkraftanlagen sind unserer Meinung nach in dieser Situation unverantwortlich. Sie unterminieren die Stabilität des Waldes und seine entscheidende Rolle für unsere Trinkwasserversorgung.

Wenn Sie uns aktiv unterstützen wollen, nehmen Sie bitte Kontakt auf unter

Email: Soonwaldbus-Koordinator@soonwald.de oder gehen Sie auf unsere

website: www.soonwald.de und unterschreiben Sie unsere Petition.

Unser Wald braucht Ihre Hilfe!